Leben mit den Gezeiten: Nichts prägt die Bretagne, eine Region im Nordwesten Frankreichs, so sehr wie der Ozean, der sie umgibt. Das Meer beeinflusst Wetter, Landwirtschaft, Tourismus und natürlich auch die bretonische Küche. Fisch und Meeresfrüchte sind Stammgäste auf den Tellern der Region und sollten in jedem Urlaub probiert werden – denn frischer als an den langen Atlantik-Küsten der Bretagne bekommt man sie selten. Hier verraten wir Ihnen unsere Top-5 der Meeresdelikatessen.
Die Königin der Meere: Austern aus Cancale
Cancale, ein gemütlicher Küstenort in der Bucht des Mont Saint-Michel, gilt als die bretonische Austern-Hauptstadt: Die Austern hier zählen sogar zum französischen Kulturerbe. Unter der smaragdgrünen Oberfläche des Meeres verstecken sich hunderte von Austernbänken, die sich kilometerweit am Meeresgrund aneinanderreihen. Bei Ebbe tauchen sie nach und nach aus dem Wasser auf und können besichtigt werden. Bei einer einstündigen Führung – gibt es auch auf Deutsch – in der Ferme Marine erzählt ein Guide von Geschichte und Zucht der berühmten Meeresfrucht. Zudem können Besucherinnen und Besucher den Profis dabei zuschauen, wie sie die Austern aus ihren Zuchttaschen nehmen, sortieren und verpacken. Natürlich darf auch eine Austernverkostung mit einem Glas Weißwein nicht fehlen. Wer sich danach noch fürs Abendessen eindecken will, kauft direkt vor Ort oder auf dem täglichen Austernmarkt am Kai neben dem Leuchtturm. Alle, die sich lieber bekochen lassen wollen, finden auf den Speisekarten der Restaurants in Cancale die Auster in verschiedensten Versionen.
Superfood des Meeres: Algen aus Damgan
Superfood ist schon lange in aller Munde und die meisten Menschen kennen Chiasamen oder Gojibeeren. Die Bretonen haben aber zusätzlich ihr eigenes Superfood: Algen. Das Gemüse des Meeres enthält Jod, Vitamine und Meersalze und schmeckt als Salat, Tartar, Tee und in vielen weiteren Varianten. An der Küste von Damgan im Golf von Morbihan wachsen ganze 20 essbare Arten in rot, grün und braun. Auch hier empfiehlt sich: Führung buchen und selbst auf die Suche nach dem ungewöhnlichen Lebensmittel gehen. Die Guides aus Damgan kennen die besten Orte an der Küste zum Algensammeln und können auch das ein oder andere Rezept verraten, wie man das ungewöhnliche, aber sehr gesunde Grünzeug am besten serviert.
Erquy, bretonische Heimat der Jakobsmuschel
Neben den berühmten Austern lockt noch ein weiterer Star der gehobenen Küche Gourmets in die Bretagne: die Jakobsmuschel mit ihrem nussigen, leicht süßlichen Geschmack. Zwischen Oktober und März ist die ideale Reisezeit für Feinschmecker, denn dann haben Jakobsmuscheln Hochsaison. Besonders häufig kommen sie in der Bucht von Saint-Brieuc im Norden der Bretagne vor. Erquy, an der Ostspitze der Bucht und am gleichnamigen Kap gelegen, hat sich mit der feinen weißen Muschel in der orangebraunen Schale einen Namen gemacht.
Jakobsmuscheln schmecken nicht nur gut, sie werden auch nachhaltig gefischt: Nur zwei Mal pro Woche zwischen Oktober und März, immer montags und mittwochs, fahren die Fischerinnen und Fischer von Erquy für 45 Minuten aufs Meer hinaus. Mehr als 1,1 Tonnen Jakobsmuscheln dürfen sie dabei nicht einholen. Bei ihrer Rückkehr kann man die feine Delikatesse fangfrisch bei ihnen kaufen, alternativ kann man auch etwas später über den lokalen Markt schlendern und sich die schönsten Jakobsmuscheln aussuchen.
Bei verschiedenen Anbietern wie Cap Evasion Nature kann man die Reise der Jakobsmuschel an Land begleiten: Von der Ankunft am Hafen über den Markt bis auf den Teller der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die am Ende bei einem Kochkurs lernen, wie man Jakobsmuscheln öffnet und zubereitet.
Fischspezialitäten selbst zubereiten in Le Guilvinec
Le Guilvinec, südwestlich von Quimper an der Küste gelegen, ist Frankreichs fünftgrößter Fischereihafen. In kleinen, bunten Booten fahren die Fischerinnen und Fischer der Region aufs Meer hinaus, um ihren frisch gefangenen Fisch anschließend an die Restaurants und Märkte der Region zu liefern. Im Fischerei-Erlebniszentrum Haliotika direkt am Hafen kann man von der Terrasse jeden Tag gegen 16 Uhr die Ankunft der Fischerboote beobachten.
Eine interaktive Ausstellung gibt Einblick in den Alltag der Küstenfischerinnen und -fischer sowie in das fragile, schützenswerte Ökosystem unserer Weltmeere. Außerdem werden während der Fischauktion Führungen – auch auf Deutsch – durch die Fischereihalle angeboten. Darüber hinaus hat Haliotika auch eine eigene Küche mit Blick aufs Meer, wo regelmäßig Koch-Workshops und Verkostungen veranstaltet werden – natürlich immer rund um Fisch, Algen und Meeresfrüchte. In diesem Jahr neu dabei: Kochkurse für Familien, bei denen Eltern und Kinder zusammen köstliche Fischgerichte zaubern können. Das Thema ist bei jedem Kurs ein anderes: von der Küche verschiedener Länder zu bestimmen, regionaltypischen Fischarten und lokalen Produkten, aus denen ein köstliches Menü zubereitet wird.
Köstlichkeit in schwarzer Schale: Bouchot-Muscheln aus Saint-Cast-Le Guildo
Ein eigenartiges Bild bietet sich bei Ebbe vor dem nordbretonischen Badeort Saint-Cast-Le Guildo: Ein Meer aus mit schwarzen Punkten übersäten Pfählen erstreckt sich auf dem Sandboden des Ozeans. Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es sich hier um Zuchtmuscheln handelt. Bouchot-Muscheln – benannt nach den Holzpfählen, an denen sie wachsen – sind Miesmuscheln und werden wegen ihres besonders aromatischen Geschmacks geschätzt.
Gemeinsam mit Florian von Litt’Obs können sich Interessierte die Zuchtpfähle genauer anschauen. Bei einer Wattwanderung führt der Guide seine Gruppe über den Meeresboden und erklärt nicht nur, welche Tierarten dort leben, sondern auch wie man sie fangen kann. Die Beute wird im Anschluss allerdings wieder freigelassen, denn die Wanderung dient rein pädagogischen Zwecken. Nach der Fußstrecke im Watt ist es aber eh schöner, nicht mehr selbst kochen zu müssen, sondern sich in einem der Restaurants vor Ort ein köstliches Muschelgericht servieren zu lassen. Bon appétit!
So kommen Sie hin
Die Bretagne erreichen Sie bequem über vier Autobahnen aus allen Himmelsrichtungen. Mit A gekennzeichnete und mautpflichtige Autobahnen, wie sie in Frankreich sonst üblich sind, gibt es in der Bretagne allerdings nicht. Hier fahren Sie immer kostenfrei auf den zwei- bis vierspurig ausgebauten Nationalstraßen (N) oder entspannt die Landstraße zwischen Meer und Wäldern entlang.
Vom Pariser Bahnhof Montparnasse sind Sie mit dem französischen TGV in nur 1,5 Stunden in Rennes, der Hauptstadt der Bretagne. Ab Strasbourg gibt es außerdem täglich eine Direktverbindung nach Rennes.