Meer, Strand und aufregende Küstenstädte wie Barcelona: Das sind sicherlich die ersten Bilder, die jeder im Kopf hat, der an Spanien denkt. Doch das das sonnige Land hat noch sehr viel mehr zu bieten. Im Südwesten Spaniens liegt, an Portugal angrenzend, die autonome Gemeinschaft Extremadura. Dort locken zwar keine Strände, allerdings zählt die Region mit ihren Römerstädten, Gebirgen und Dehesas, die natürlichen Mittelmeerwälder, zu einer der schönsten, wenn auch noch nicht so bekannten Region Spaniens. Die Extremadura nimmt 8,3 Prozent der spanischen Landmasse ein. Mit etwas über einer Millionen Einwohnern ist die Gemeinschaft allerdings nur spärlich besiedelt, so dass große Teile des Landes noch unberührt sind. Ein richtiger Geheimtipp also. Wir haben uns auf einen Road-Trip durch den Westen Spaniens gemacht und die Extremadura erkundet. Dabei haben uns auch auf eine Zeitreise begeben. Jahrhunderte geht es in die Vergangenheit und wieder zurück in die Gegenwart. Gestartet sind wir in Madrid und mit mehreren Stopps über Hervás, Cáceres und Mérida bis nach Sevilla gefahren – steigen Sie ein und begleiten uns.
In Spanien beginnt unsere Reise am Flughafen in Madrid, der von Deutschland aus in einer Flugzeit von rund drei Stunden erreichbar ist. Unser vorab reserviertes Auto steht schon bereit und so machen wir uns direkt auf den Weg in die Extremadura. Bis zur nördlichen Grenze der Extremadura sind es von Madrid aus etwa 240 Kilometer oder 2 ½ Stunden gemütliche Fahrtzeit. Je weiter wir in den Westen fahren, desto mehr lösen endlose, hügelige und mit Bäumen bestandenen Wiesen die großstädtische Umgebung Madrids ab.
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TOURISTBOOK x Extremadura
Hervás – ein Paradies für Naturliebhaber
Unser erster Stopp ist die spanische Kleinstadt Hervás in der Provinz Cáceres. Rund 4.000 Einwohner leben hier. Die Stadt liegt mitten im Grünen und ist umgeben von Weinbergen und Olivenbäumen. Noch bevor wir unsere Zimmer im Hotel „Hospedería Valle Des Ambroz“, einem umgebauten ehemaligen Kloster aus dem 17. Jahrhundert, bezogen hatten, haben wir einen Erkundungs-Spaziergang durch die zauberhafte Stadt gemacht. Bekannt ist das das Städtchen insbesondere wegen seines jüdischen Viertels (barrio judio) mit engen, steilen Straßen, an denen sich Häuser aus Lehmstein und Fachwerk aus Kastanienholz aneinanderschmiegen. Zum Schutz vor Wind und Wetter wurden hier nicht nur die Dächer, sondern auch die Seiten einiger dieser Häuser mit Dachziegeln bedeckt.
Wie ein Labyrinth ziehen sich die vielen kleinen Gassen durch das Städtchen, an jeder Ecke lassen sich andere hübsche Häuser und Läden entdecken. Hier befindet sich ebenfalls die Gasse Travesía del Moral, die mit nur etwa 50 Zentimeter Breite als engste Straße Spaniens gilt.
Den höchsten Punkt der Stadt bildet die Kirche Santa María. Von dort hat man einen wunderbaren Ausblick über die Dächer von Hervás und die umliegenden Gebirge. Die Puente de la Fuente Chiquita, eine 1395 erbaute Steinbrücke, führt über den im Norden an Hervás angrenzenden Fluss Ambroz in das nahegelegene Grün des Flusstals. Die hüglige bis gebirgige und sehr waldreiche Landschaft rund um Hervás ist ein Paradies für Naturliebhaber, Wanderer, Mountainbiker, E-Biker oder Off-road Fahrer. In niedrigeren Lagen reihen sich Kastanienbäume aneinander, weiter oben schließen sich Pinien und Eichen an. Der höchste Punkt in der Umgebung liegt auf rund 2000 Metern über dem Meeresspiegel.
Den Himmel zu Füßen
Für die Gäste, bei denen die Erkundungslust auch nach Sonnenuntergang noch anhält, bietet die Extremadura beste Bedingungen und Möglichkeiten zur Sternenbeobachtung. Die Kombination aus überwiegend gutem Wetter sowie dem Fakt, dass sich die Region dazu verschreibt, die Lichtverschmutzung so gering wie möglich zu halten, macht die Extremadura zu einem idealen Ziel für Astronomiebegeisterte. In Hervás bietet „Ad Adstra Hervás“ Touren an, bei denen der Nachthimmel mit Hilfe von Teleskopen, Laserpointern und Ferngläsern erkundet werden kann. Wer möchte, kann bei der E-Bike Tour von „Ad Astra“ auch mit dem Fahrrad in den Sonnenuntergang und gen Sternenhimmel fahren. Das alles lässt sich auch mit einem lokalen Essen kombinieren.
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Mit dem Auto durch den Monfragüe Nationalpark
Nach einer herrlich durchgeschlafenen Nacht und einem typisch spanischen Frühstück geht für uns die Reise weiter. Von Hervás fahren wir weiter in den Süden bis zum Monfragüe Nationalpark. Hier fließen die Flüsse Tajo und Tiétar zusammen, die gemeinsam mit Stauseen, bergigen Wälder und Felsformationen sowohl Tieren als auch Pflanzen einen idealen Lebensraum bieten und Besuchern ein atemberaubendes Erlebnis ermöglichen. Der Park erstreckt sich auf eine Größe von sagenhaften 17.852 Hektar und wurde im März 2003 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt. Den Nationalpark Monfragüe bietet weite Weideflächen, mediterrane Wälder und Buschland. Dadurch ist er Heimat einer großen Artenvielfalt.
Besonders Vogelkundler kommen hier voll auf ihre Kosten: Der Nationalpark von Extremadura hat sich zu einem der besten Orte Spaniens zur Beobachtung von Vögeln entwickelt. Ein Stopp beim Geierfelsen (Salto del Gitano) einzulegen ist in Monfragüe ein absolutes Muss. Hier befindet sich eine der weltweit größten Populationen an Schwarzgeiern. Wer ein Fernglas besitzt, sollte das auf alle Fälle nicht zu Hause lassen. Denn damit kann man die Geier und andere Greifvögel wie Gänsegeier, Kaiseradler oder auch Schwarzstörche aus der Nähe begutachten, die hoch über den eigenen Köpfen, dem Fluss Tajo sowie den Felsformationen kreisen.
Unten die Schlucht, oben eine Burgruine: Eine wunderbare Aussicht auf den Nationalpark bietet sich außerdem vom Aussichtspunkt der Burg Castillo de Monfragüe. Ein Tipp für Frühaufsteher: Von hier oben den Sonnenaufgang zu beobachten, verschlägt einem jedem Naturliebhaber die Sprache.
Der rund 180 Quadratkilometer große Park kann je nach gewählter Route ideal mit dem eigenen Auto, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf dem Wasser mit Kajaks, Kanus oder Booten erkundet werden, der Eintritt ist kostenlos. Für Gäste, die während ihrer Erkundung mehr Informationen über den Nationalpark, die Vögel und die Natur erhalten möchten, empfiehlt sich eine Tour mit einem Nationalparkführer.
Mittelalterliches Cáceres
Wir sagen den Geiern adieu und steigen wieder in unseren Mietwagen. Rund eine Stunde Autofahrt vom Nationalpark entfernt befindet sich die Stadt Cáceres, die 1986 zum UNESCO Weltnaturerbe erklärt wurde. Die 100.000 Einwohner große Stadt ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz Cáceres und zählt zu den schönsten mittelalterlichen Orten in Spanien. Ein Spaziergang durch die Altstadt fühlt sich an wie eine Reise in die Vergangenheit: Innerhalb der ursprünglichen Stadtmauern reihen sich Renaissancepaläste, Kathedralen, Kirchtürme, kostenlose Museen und Häuser mit hohen Toren und schmalen Balkon aneinander. Der ein oder andere mag auch beim ersten Besuch in Cáceres etwas Bekanntes wiedererkennen, denn einige Szenen aus der Serie Game of Thrones wurden hier in der historischen Altstadt gedreht. Auch der Jakobsweg zieht sich durch Cáceres.
Als wir über die Plaza de San Mateo schlendern, macht unser Guide David Polo Galea uns auf das Kloster San Pablo aufmerksam. Die Clarisas-Nonnen, die keinen Kontakt zur Außenwelt haben, stellen innerhalb der Klostermauern köstlich schmeckende Süßigkeiten nach uralten Rezepten her. Zu bestimmten Zeiten kann man durch eine kleine Holz-Drehtür seine Bestellung aufgeben und das Geld auf einen Drehteller legen.
Die gebürtige Deutsche Helga de Alvear ist eine erfolgreiche Galeristin und Kunst-Sammlerin. Die heute 87-Jährige hat seit 1967 mittlerweile knapp 2000 Arbeiten zeitgenössischer Kunst zusammengetragen, die einen Wert von mittlerweile über 140 Millionen Euro haben. Diese Kunstwerke haben im „Centro de Arte Visuales – Stiftung Helga de Alvear“ in Cáceres ein festes Zuhause bekommen. Ein Besuch im Museum lohnt sich auf alle Fälle – der Eintritt ist – wie in vielen anderen Museen auch – übrigens kostenlos.
Die ganze Magie der schönen Stadt Cáceres entfaltet sich aber vor allem in den Abendstunden, wenn die historischen Gebäude beleuchtet werden. Das jüdische Viertel, die arabische Stadtmauer, christliche Kirchen und Kapellen – was hat diese Stadt in ihrer tausendjährigen alten Geschichte nicht schon alles erlebt. Wer tiefer in die Geschichte eintauchen möchte, kann eine geführte Stadtführung z.B. nachts mit einem Minnesänger unternehmen (www.cuentatrovas.com).
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Auch außerhalb der historischen Stadtmauern blüht das Leben auf den Straßen von Cáceres. Der lebendige Platz Plaza Mayor ist umgeben von Geschäften, Bars und Restaurants, die zum Verweilen einladen. Unweit davon entfernt befindet sich das „NH Collection Hotel“, dessen Lage der wohl ideale Ausgangspunkt für Stadterkundungen darstellt und das auch durch seinen historischen Charme überzeugt. Denn: bei dem Hotelgebäude handelt es sich um ein umgebauten Steinpalast aus dem 16. Jahrhundert. Gäste können hier in einem der 86 Zimmer nächtigen und im zugehörigen Restaurant lokale Speisen genießen.
Auf den Spuren der Römer in Mérida
Von der einen historischen Stadt in die nächste geht unser Road Trip immer weiter in Richtung Süden. Etwa 70 Kilometer südlich von Cáceres liegt Mérida, die Hauptstadt der autonomen Region Extremadura. Nachdem die Stadt im Jahr 25 vor Christus gegründet wurde, wurden nach und nach Theater, Amphitheater, ein Zircus, Tempel, Brücken und Aquädukte gebaut, die zum Teil heute noch erhalten sind. Man fühlt sich dort ein bisschen zurückversetzt in das Römische Reich und spürt unweigerlich die antike römische Metropole Lusitania. Es würde einen auch nicht wundern, wenn einem auf der Straße ein Römer entgegen käme. Wer sich der Altstadt zu Fuß nähert, überquert den Fluss Guadiana auf der eindrucksvollen Brücke Puente Romana. Sie ist mit einer Länge von 792 Metern die weltweit längste noch erhaltene römische Brücke. Die Alcazaba, die von einer 550 Meter langen Mauer umgebene erste arabische Wehranlage auf der iberischen Halbinsel, befindet sich gleich neben der Brücke.
Zwei weitere Highlights der Stadt: Das römische Theater, das nach 2000 Jahren immer noch in Betrieb ist, sowie das Amphitheater, in dem früher Gladiatorenkämpfe ausgetragen wurden. Beide sind über den gleichen Eingang zu erreichen und stehen direkt nebeneinander. Gerade im Juli und August ist die Zeit der Kulturfestivals. Dann reihen sich Veranstaltung an Veranstaltung. Aber auch ohne eine (Theater-)Vorstellung sind die alten römischen Bauten sehenswert. Für insgesamt nur 15 Euro können sich Besucher eine Karte kaufen, mit der sie einen Tag lang nicht nur Zutritt zu den beiden Theatern, sondern auch zu weiteren Sehenswürdigkeiten in der Stadt haben, wie dem römischen Zircus, Alcazaba, dem Casa del Mitreo oder dem Centro de Interpretación.
Sehenswert ist außerdem das Nationalmuseum für Römische Kunst, das unter anderem Skulpturen, Gemälde, Keramiken, Mosaiken und Grabsteine von der damaligen Zeit ausstellt. Und wer kann schon von sich behaupten auf einer originalen römischen Straße gelaufen zu sein?
Noch nicht genug?
Wer seinen Road Trip durch die Extremadura noch verlängern möchte, kann von Mérida aus weiter westlich bis an die portugiesische Grenze fahren und erreicht in rund 50 Minuten die Stadt Badajoz, dem wirtschaftlichen Zentrum der Extremadura. Unsere Tour führt uns aber zunächst weiter in die sehenswerte Stadt Zafra, die auch als das kleine Sevilla bekannt ist. Besucher finden hier neben charmanten Gassen mit weißen Häusern und Blumen geschmückten Balkonen auch Klöster, Stadttore und den Alcázar von Zafra, einen alten herrschaftlichen Palast, der heute ein Luxushotel beherbergt. Man merkt der Stadt an, dass sie zwar während der muslimischen Herrschaft gegründet wurde, aber erst im 14. Jahrhundert so richtig aufblühte. Zu der Zeit wurde sie nämlich wegen ihrer strategisch guten Lage am Handelsweg Ruta de la Platazur zur regionalen Hauptstadt.
Auf den beiden großen Plätzen La Grande und La Chica wurde gehandelt. Noch heute steht dort der arabische Zauberstab, der den Händlern früher als Maßeinheit diente. Wenn man durch Zafra schlendert, kann man sich kaum vorstellen, dass jedes Jahr im September eineinhalb Millionen Menschen nach Zafra kommen – dann findet hier nämlich einer der größten Viehmessen Spaniens statt. Und das schon seit 5 Jahrhunderten.
Etwas für den Gaumen
Überall dort kann man die Delikatessen der Extremadura kosten. Die Region ist bekannt für zahlreiche kulinarische Spezialitäten, wie verschiedene Käsesorten, einzigartige Weine und den Schinken des Iberischen Schweins. Extremadura Gourmet bietet verschiedene Touren durch die Region an, bei dem sich die Teilnehmer auf die Spuren des Weins, Schinkens oder Käses begeben können. Eine Kostprobe hiervon bekommen Besucher zum Beispiel auch im Kulturhaus von Zafra, das Verkostungen mit Experten anbietet. Der hierfür bereitgestellte Schafs- und Ziegenkäse wird unter anderem in dem kleinen Käseladen „Jarropa y Sita Quesería Artesana“ in dem Städtchen hergestellt. Die sympathische Inhaberin verkauft ihren Käse durch ein kleines Fenster an Passanten – ein echter Leckerbissen. Wir durften uns die kleine Manufaktur sogar einmal ansehen.
Auf zum letzten Stopp unseres Road Trips
Wir machen uns aber auf zum letzten Stopp unserer Reise durch die Extremadura. Ebenfalls unweit der portugiesischen Grenze liegt das kleine Städtchen Jerez de los Caballeros. Die Nähe zum Nachbarland Portugal ist sofort spürbar. In Jerez prägen hohe Kirchtürme das Stadtbild, die Straßen sind schmal und steil. Aufgrund der Lage der Stadt auf dem Berg haben Besucher einen wunderbaren Blick auf umliegende Dörfer und die Natur. Der Reichtum von Jerez begründet sich in der Gründung des Templerordens. Mit der Ansiedlung der Kriegermöche nahm auch die Bevölkerungszahl zu.
Im wahrsten Sinne herausragend sind die vier Kirchen aus dem 15. Jahrhundert: Die Kirche San Bartolomé, die Kirche Santa Maria de la Encarnación, die Kirche San Miguel und die Kirche Santa Catalina (18. Jahrhundert). Bevor wir für unsere letzte Nacht im Hotel eincheckten, haben wir uns ein bisschen durch die engen Gassen und Straßen treiben lassen. Und uns gewundert, dass selbst durch die schmalsten Gassen noch Autos unfallfrei passen. Da wir uns das Autofahren hier nicht zutrauten, haben wir den Wagen vorsichtshalber am Fuße der Stadt abgestellt.
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Im Süden der Extremadura angekommen, neigt sich unser Road Trip dem Ende zu. Am nächsten Morgen haben wir auf das Hotelfrühstück verzichtet und uns direkt auf den Weg nach Sevilla zum Flughafen gemacht. Unterwegs sind wir von der Autobahn abgefahren und haben in einer typischen spanischen Bäckerei das Frühstück nachgeholt: Frisch aufgebrühter Kaffee und ein dick belegtes überbackenes Brot – ein Genuss.
Unser Fazit: Knapp 750 Kilometer haben wir mit unserem Mietwagen durch die Extremadura zurückgelegt. Spanien wird zu Unrecht in erster Linie nur mit Meer und Stränden konnotiert. Das Inland der Extremadura vereint in seiner überwiegend ländlichen Region Natur, historisches Erbe, Kultur, Gastronomie, Modernität und Tradition – ein echter Geheimtipp für Wanderer, Natur- und Kulturliebhaber. Mehr Informationen gibt es auch auf der offiziellen Website: www.turismoextremadura.com
Transparenz-Hinweis: Diese Reise wurde unterstützt durch Extremadura Turismo und dem Spanischen Fremdenverkehrsamt. Unsere Berichterstattung ist uns in ihrer Unabhängigkeit und Neutralität besonders wichtig. Die Meinungen, Eindrücke und Erfahrungen der Autoren spiegeln ihre persönlichen Ansichten wider.