Die "Fürstenberg" von Locaboat ist unser Zuhause für die nächsten Tage. Hier liegt sie in der Abendsonne im Hafen. ©Stefan Fuhr

Mit dem Hausboot zum Weihnachtsmann

Einmal Traumschiffkapitän sein... Wir haben in Fürstenberg unser Hausboot von Locaboat bezogen sind ein paar Tage über die Havel geschippert. Die unberührte Landschaft entschleunigt uns so sehr, dass auch manches schwieriges Anlegemanöver und das Schleusen nicht für Herzrasen sorgen. Und hinter jeder Kurve wartet Fabian schon auf uns.

Erstellt von: Stefan Fuhr
Erstellt von: Stefan Fuhr

„Jetzt nach Steuerbord. Langsam. Nicht zu schnell am Steuerrad drehen“, Dirk ist sehr nachsichtig mit uns Kapitänsneulingen. „Ein Boot reagiert nicht so schnell wie ihr es vom Auto gewohnt seid.“ Wir befinden uns mitten auf dem Schwedt-See. Im Hafen von Fürstenberg an der Havel haben wir ein Hausboot bezogen und bekommen unsere Einweisung. Dirk ist der Standortleiter von Locaboat in Fürstenberg und berechtigt, uns unser „Kapitänspatent auf Zeit“ auszustellen. Nach ein paar Kreisen, dem Aufstoppen (Anhalten), kommt plötzlich die größte Herausforderung auf uns zu. Wir müssen wieder zurück in den Hafen und dort sicher anlegen – bestenfalls ohne die anderen Schiffe zu berühren. Manchmal ist das rückwärts Einparken mit dem Auto schon schwierig – aber mit einem knapp 15 Meter langen Schiff eine echte Herausforderung. Da der Autor dieser Zeilen zuletzt am Steuerrad stand, soll ich diese Herkulesaufgabe bewerkstelligen. Mir steht der Schweiß auf der Stirn, aber mit Dirks Anweisungen und gaaaaanz langsamer Fahrt klappt es wunderbar im ersten Anlauf. Auch, weil meine Mitreisenden als großartige Crew mit den Tauen bereitsteht und das Schiff im Zweifel auch per Muskelkraft die restlichen Zentimeter an den Steg ziehen kann. Der anschließende theoretische Teil (Hinweis- und Verkehrsschilder – ja, das gibt es auch auf dem Wasser) ist auch ein Klacks.

Im Hafen von Fürstenberg beziehen wir unser Hausboot. ©Stefan Fuhr

Unser Zuhause ist ein gut ausgestattetes Hausboot von Locaboat

Die sogenannte Pénichette Flying Bridge von Locaboat ist das Zuhause auf Zeit für unsere kleine Gruppe von vier Freizeitkapitänen. Es gehört zu den größten Schiffen, die man mieten kann und bietet Platz für acht Personen in vier Doppelkabinen. Es gibt aber auch Schiffe für die traute Zweisamkeit. Auf unserem Boot ist jede Kabine mit einer eigenen Nasszelle mit Dusche und WC ausgestattet. Eine für ein Schiff erstaunlich große Küche mit gemeinschaftlichem Aufenthaltsraum laden auch abends zu einem gemütlichen Zusammensitzen ein, wenn es an Deck vielleicht schon zu frisch geworden ist. Wir haben bei unserer frühherbstlichen Fahrt mit dem Wetter richtig Glück, so dass wir tagsüber immer draußen an Deck sitzen und dem jeweiligen Kapitän am Steuerrad Gesellschaft leisten konnten. Unser Boot verfügte nämlich über zwei Steuereinheiten: Eine an Deck und eine für schlechtes Wetter im Aufenthaltsraum. 

Kleiner Schreck nach der ersten Kurve

Mit dem Teilnehmer-Nachweis unserer Einweisung in der Tasche legen wir in Fürstenberg ab und machen uns auf den Weg zu unserem ersten Ziel: Es geht auf den Stolpsee und in den Hafen von Lychen. Wenn ein Boot mit weniger als 15 PS motorisiert ist, darf es auch ohne Bootsführerschein nach einer Einweisung gefahren werden. Die Hausboote von Locaboat sind zertifiziert und haben gedrosselte Motoren. Schneller als 10 Km/h können wir nicht fahren. Wir sind ganz froh, dass unser erstes Ziel nur etwa drei Stunden Fahrtzeit entfernt ist. So können wir uns alle noch ein bisschen eingrooven und trotzdem die schöne Havel-Landschaft genießen. Doch dann eine Schrecksekunde: Schon nach der ersten Kurve kommt uns ein kastenartiges Hausboot („Ferienhaus auf dem Wasser“) entgegen und liegt plötzlich quer. Wie gut, dass wir Ausweichmanöver während unserer Einweisung geübt haben. Souverän fahren wir an dem anderen Boot vorbei. 

Der Stolpsee ist etwa drei Kilometer lang und wird von der Havel durchflossen. Im Sommer ist er eine beliebte Anlaufstelle für Wassersportler. Dass man hier auch Windsufen kann, merken wir, als wir den Hafen von Lychen erreichen. Unser reservierter Liegeplatz liegt am Außensteg und wir sollen dort rückwärts mit dem Heck anlegen. Aber es weht ein so böiger Wind über den See, dass wir immer am Steg vorbeitreiben. Noch eine Erkenntnis, die sich wie ein roter Faden durch unsere kleiner Reise zieht: Im Hafen hilft man sich gegenseitig. Der Hafenmeister und auch andere Bootsbesitzer sind sofort zur Stelle, fangen unsere Taue und ziehen uns mit Muskelkraft sicher an unseren Liegeplatz. 

Volle Fahrt voraus! Unser Autor Stefan Fuhr hat das Steuerrad fest im Griff. ©Doris Emmer

Camping auf dem Wasser

Sämtliche Häfen auf unserer Reise sind alle mit top-gepflegten sanitären Anlagen ausgestattet. Zwar haben wir auf unserem Hausboot in jeder Kabine auch Duschen und eine Toilette, aber da das Schmutzwasser in einem großen Tank aufgefangen wird, ist uns das Risiko, dass dieser Tank vollläuft, zu groß. Wir wollen nicht noch anhalten und unser Schmutzwasser abpumpen. Also ziehen wir mit Handtuch und Duschgel bewaffnet über den Steg in Richtung Waschräume, die auch mal ein Waschcontainer sein können. Ein Hausboot-Urlaub ist ein wenig so wie Camping – nur eben auf dem Wasser.

Nach dem ersten Tag auf See, fallen wir alle schon relativ früh am Abend in unsere Kojen und lassen uns von den leichten Wellen in den Schlaf schaukeln. Der nächste Tag wird aufregend: Wir wollen nämlich dem Weihnachtsmann einen Besuch abstatten.

Blick in die Küche
Unser Hausboot bietet ausreichend Platz für acht Personen. ©Stefan Fuhr

Vor der Abfahrt in Fürstenberg haben wir unsere Küche gut bestückt. Der Kühlschrank ist voll, so dass wir an unserem ersten Morgen schon vom Duft frischen Kaffees und Brötchen aus dem Ofen geweckt werden. Alte Bootsregel: Wer zuerst wach wird, kocht Kaffee. Obwohl die Betten naturgemäß nicht groß und breit waren, haben wir alle sehr gut geschlafen. Nach einem guten Frühstück heißt es Leinen los. Wir legen ab und machen uns auf den Weg nach Himmelpfort zum Weihnachtsmann.

Schleusen? Für uns doch kein Problem

Zwischen uns und dem Weihnachtsmann liegt allerding noch eine Herausforderung: Unsere erste Schleuse. Die Regeln an den Schleusen sind einfach. Ist das Tor geschlossen und zeigt die Ampel auf Rot, legt man kurz an, betätigt einen Hebel und wartet bis die Ampel auf Grün umspringt. Langsam fährt man dann in das Schleusenbecken ein, macht das Boot fest und betätigt wieder einen Hebel – das Schleusen funktioniert vollautomatisch. Da unsere Pénichette auch mit einem Bugstrahlruder ausgestattet ist, lässt sie sich leicht steuern und so sind auch die etwas engeren Schleusen für uns Freizeitkapitäne kein Problem.

Schleusen am Stolpsee
Mehrere Schleusen müssen wir auf unserer Fahrt passieren – für unsere eingespielte Crew kein Problem. ©Stefan Fuhr

Wie wohnt der Weihnachtsmann?

Um kurz nach 10 Uhr klingeln wir schon beim Weihnachtsmann an der Tür. Leider war er nicht zu Hause, aber seine gute Stube konnten wir besichtigen. Eingebettet zwischen Seen und Wäldern und in unmittelbarer Nähe von Klosterkirche, Kräutergarten, Schleuse und historischem Brauhaus, findet man das Café mit Biergarten im Gebäude der alten Dorfschule. Hier ist auch der Weihnachtsmann zu Hause und seine Wohnstube kann täglich zwischen 10 und 18 Uhr kostenlos besichtigt werden. Für die Wunschzettel gibt es eigene Briefkästen. 

Das Bett vom Weihnachtsmann in Himmelpfort
Hier schläft der Weihnachtsmann. Jedenfalls, wenn er in Himmelpfort ist. Bei unserem Besuch ist er leider nicht zu Hause. ©Stefan Fuhr

Die Geschichte des Weihnachtsmanns in Himmelpfort reicht bis ins Jahr 1984 zurück. Damals schrieben zwei Kinder aus Sachsen und Berlin an den Weihnachtsmann in Himmelpfort. Eine Postmitarbeiterin wollte die Briefe nicht als „unzustellbar“ zurückschicken und schrieb selbst eine Antwort. Mittlerweile kommen in der Vorweihnachtszeit bis zu 2000 Briefe täglich in Himmelpfort an. 20 Helferinnen unterstützen den Weihnachtsmann mittlerweile bei der Beantwortung der Briefe.

Übernachtung in der „Wildnis“

Capriolenhof an der Havel
Die Tür zum Hofladen steht offen. Im Capriolenhof kaufen wir leckeren Ziegenkäse für das Abendessen ein. ©Stefan Fuhr

Nach einem Mittagessen in einem Restaurant mit Seeblick und – natürlich – fangfrischem Fisch, machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Stopp: Die Schleuse Regow. Hier wollen wir uns auf ein weiteres Abenteuer einlassen. Mitten in der Wildnis vor der Schleuse wollen wir unser Locaboat fest vertäuen über Nacht liegenbleiben. Mitten in der Wildnis ist natürlich etwas übertrieben. Liegt doch der Capriolenhof (www.capriolenhof.de) in der unmittelbaren Nachbarschaft. Sabine Denell und Hans-Peter Dill entdeckten die Gebäude 1992 bei einer Wanderung und konnten den Hof direkt an der Schleuse pachten. Heute leben auf dem Capriolenhof neben Schweinen und Kühen auch knapp 200 Ziegen.

Das Ehepaar begann, Ziegenkäse herzustellen, den sie unter anderem an die Bootstouristen verkauften. Auch wir haben uns in dem kleinen Hofladen mit köstlichem Ziegenkäse eingedeckt und geniessen unser besonderes Abendessen an Bord. Nach dem Essen noch auf der Schleuse ein bisschen die Beine vertreten? Lieber nicht – hat uns doch Sabine von den Wölfen erzählt, die hier schon gesichtet wurden. Sollte sich nachts ein Wolf unser Boot aus der Nähe angeschaut haben, haben wir nichts davon mitbekommen.

Hausboot vor der Schleuse am Capriolenhof
Am Abend haben wir unser Hausboot fest vertäut und am Capriolenhof übernachtet. ©Stefan Fuhr

Mit Fabian durch die zauberhafte Landschaft

Souverän passieren wir am nächsten Morgen nach einem erfrischenden Frühstück die Schleuse Regow und haben schon auf unsere letzte Etappe gemacht. Wir fahren auf der Havel weiter durch Wälder, Wiesen und Moorlandschaften, passieren kleiner Dörfer, grüßen andere Bootstouristen andächtig. Ja, man entschleunigt auf einem Hausboot. Einen neuen Freund haben wir auch gefunden. Fabian nennen wir ihn – unseren Graureiher. Wir sind uns allerdings alle nicht sicher, ob es immer derselbe ist, der schon hinter jeder Kurve auf uns wartet. 

Landschaft der Havel
Wir genießen von unserem Hausboot aus die scheinbar unberührte Landschaft, durch die sich die Havel schlängelt. ©Stefan Fuhr

Zum Abschluss in den Ziegeleipark

Nach etwa zwei Stunden Fahrt erreichen wir schon unseren letzten Hafen Mildenberg. Ursprünglich war geplant, bis nach Templin zu fahren. Aber da eine Schleuse wegen Reparaturarbeiten gesperrt ist, verbrachten wir den letzten Abend hier in Mildenberg, einem Ortsteil von Zehendick im Landkreis Oberhavel in Brandenburg. Hier war einst das größte Ziegeleirevier Europas. Ziegel für den Häuserbau wurden von hier einst in die ganze Welt verschifft. Heute zeugt das Industrie- und Technik-Museum Ziegeleipark Mildenberg von der glorreichen Geschichte und gibt einen faszinierenden Einblick in die Geschichte der ganzen Region. Auf einer Fläche von über 40 Hektar wird die Geschichte der Ziegelproduktion in Führungen und multimedialen Attraktionen präsentiert. Die Ausstellungen sind interaktiv erlebbar, man kann sogar durch die alten Ringöfen spazieren. Ein erlebnisreicher Abschluss unserer Bootstour auf der Havel durch Brandenburg (www.ziegeleipark.de).

Ziegeleipark in Miltenberg
Zum Anfassen. Im Ziegeleimuseum in Mildenberg gibt es Einblicke in die Ziegelherstellung. ©Stefan Fuhr

Für unsere Reise mit dem Locaboat-Hausboot haben wir unsere Tagesetappen ganz bewusst kurz geplant und uns der Langsamkeit verschrieben. So konnten wir intensiv die schöne Natur rechts und links der Havel genießen und das Leben auf dem Boot genießen.  

Weitere Sehenswürdigkeiten auf unserer Tour

Fürstenberg

Auch unser Start Fürstenberg lohnt sich für einen Ausflug. Die Stadt liegt am oder besser im Fluss, denn die Havel durchfließt sie gleich in vier Flussläufen. Das große Werder ist die Insel, auf der die Stadt einst entstand, wird vom südlichen Kanal mit der Schleuse und dem nördlichen Havellauf begrenzt. „Fürstenberger Werder“ heißt auch der einst von Brandenburg-Preußen begrenzte Landzipfel, der ähnlich dem heutigen Stadtgebiet weit in den Süden reichte. Schon seit 2002 ist der offizielle Name der Stadt auch „Wasserstadt Fürstenberg/Havel“. www.fuerstenberg-havel.de

Der Stolpsee

Rund um den Stolpsee, der von der Havel durchflossen wird, kommen nicht nur Wassersportfans auf ihre Kosten, sondern es gibt auch viele Wandermöglichkeiten. Dabei sind viele Strecken auch für Anfänger geeignet. Ebenso ist der Stolpsee ein Paradies für Angler. Wer auf alledem keine Lust hat, lässt vom Hausboot aus einfach die Füße entspannt ins Wasser baumeln oder springt direkt zum Baden in den See.

Flößereimuseum Lychen

Die Flößerei hat in Lychen eine besondere lange Tradition. Der Flößerverein Lychen e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Tradition zu wahren und an Interessierte weiterzugeben. In einem kleinen Museum erfahren Besucher, was es bedeutet, ein Flößer zu sein und mächtige Baumstämme unter den widrigsten Bedingungen flussabwärts bis nach Hamburg oder Berlin in einem Floßverband zu transportieren. Auch Floßfahrten bietet der Flößerverein von Mai bis Mitte September an. 2008 wurde Lychen als dritter Ort in Deutschland mit dem Titel „Internationale Flößerstadt“ gewürdigt. www.lychen.de

Modell im Flößereimuseum in Lychen
Im Flößereimuseum in Lychen kann der Besucher anhand eines Modells die Wege nachvollziehen. ©Stefan Fuhr

Choco-Pizza in Himmelpfort

Sylke Wienhold betreibt die Chocolaterie in Himmelpfort. Damit Groß und Klein mit Schokolade auch etwas basteln können, hat sie die Choco-Pizza erfunden. Die Pizzabäcker suchen sich an einer Station diverse Zutaten aus, mit der die Pizza (zur Wahl stehen Vollmilch-, Zartbitter- oder weiße Schokolade) bestreut werden soll. Die Pizza kommt in Form eines herrlich duftenden runden Kleckses geschmolzener Schokolade. Nachdem die Choco-Pizza mehr oder weniger kreativ belegt wurde, kommt sie für 20 Minuten in den Kühlschrank und fertig ist ein selbst gebasteltes originelles Mitbringsel aus Himmelpfort. Tipp: Die selbst hergestellte Schokocreme als Brotaufstrich – himmlisch! www.himmelpforter-chocolatierie.de

Anmerkung der Redaktion: Diese Reise wurde unterstützt von Locaboat. Unsere Berichterstattung ist uns in ihrer Unabhängigkeit und Neutralität besonders wichtig. Die Meinungen, Eindrücke und Erfahrungen der Autoren spiegeln ihre persönlichen Ansichten wider.