Schon als das Wort „Urlaub“ noch gar nicht bekannt war, kamen prominente Gäste in den äußersten Südosten von Oberbayern, nach Berchtesgaden: Bayerns Könige, Künstler wie Theodor Storm und Edelleute bevorzugten diesen Ort, bei dem der majestätische Watzmann mit seiner Höhe von 2713 Metern allgegenwärtig ist. Und diese Faszination ist bis heute geblieben. Wir haben uns einmal umgeschaut.
Tagsüber Touristen aller Nationen – abends das Flair Jahrhunderte alter Häuser
Es macht in der Stille Klick, Klack. Eine Berchtesgadenerin im Dirndl huscht durch die Fußgängerzone. Es ist früher Abend, wir sitzen in der gut 400 Jahre alten Gaststätte „Bier Adam“ (Marktplatz 22) und genießen die Ruhe in Berchtesgaden. Der Blick schweift von der Terrasse zur Stiftskirche, auf der anderen Seite auf die Bergkulisse und das touristische Zentrum in dem 7831 Einwohner zählenden Ort: das Hotel „Edelweiss“. Wo tagsüber sich Touristen aller Nationen durch Berchtesgaden drängen, kann man erst am Abend die ganze Schönheit, das Flair der jahrhundertealten Häuser genießen. Und natürlich die Küche! Wir lassen uns von hausgemachten Knödeln mit Speck verwöhnen.
Schon Kaiserin Sisi wusste die Lederhosen aus Berchtesgaden zu schätzen
Berchtesgaden hat bis heute nichts an seiner Faszination eingebüßt. Sehenswert ist der historische Rokoko-Markt mit Bürgerhäusern, Stiftskirche und Schloss. Vorbeischauen sollte man auch in der Werkstatt von „Lederhosen Aigner“, die im historischen Zentrum der Berchtesgadener Altstadt liegt (Metzgerstr. 1). Gegründet von Vater Engelbert sen. übernehmen nun die Brüder Engelbert jun. und Michael Aigner das Geschäft. Nach traditioneller Art gefertigt, teils mit Schnitt- und Stickmustern aus dem 19. Jahrhundert geht die zweite Generation des oberbayerischen Familienbetriebs einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. So lassen sich die Aigners von ihren Lieferanten vertraglich versichern, dass die Trachtenstoffe in Europa hergestellt wurden. Das Hirschleder stammt auschließlich aus Deutschland sowie Östereich und wird gefärbt mit Rinden und Hölzern. Übrigens wusste schon Kaiserin Elisabeth v. Österreich die traditionellen Lederhosen aus Berchtesgaden zu schätzen, für dessen Fertigung zirka 30 Arbeitsstunden benötigt werden.
Tradition ja, aber alles andere als eingestaubt
Ja, gelebte Tradition ist in Berchtesgaden alles andere als angestaubt. Ein Muss ist ein Besuch im Geschäft der Enzianbrennerei „Grassl“ Am Schloßplatz. Die älteste Enzianbrennerei Deutschlands besitzt seit 1602 das Recht nach den geschützten Enzianwurzeln zu graben. Bei einer Führung durch die Brennerei (Salzburgerstraße 105) erfährt man alles über die Geheimnisse das Enzianbrennens. Für ihre Hofprodukte hat sich die gelernte Bäckerin und Konditorin Verena Maier einen Namen gemacht – über Berchtesgaden hinaus. Sie gründete für ihre bäuerlichen Köstlichkeiten nach alten Rezepten das Label „Guads von Do“. Angeboten werden eingelegter Frischkäse, Camembert sowie Gulasch und Rindssuppe nach alten Rezepten im Glas – Hilfe beim Einkochen bekommt Verena Maier von ihrer Tante und deren Lebensgefährten, beides Spitzenköche. Jeden ersten Freitag im Monat werden die regionalen Produkt auf dem Berchtesgadener Wochenmarkt am Weihnachtsschützenplatz angeboten.
Gelebte Tradition musikalischer Art genießt man jeden Freitagabend im „Bräustüberl“ (Bräuhausstraße 13). Dort begeistert der Heimatabend, der hier jeweils einmal pro Woche stattfindet, die Gäste. Die Musikgruppen verbreiten stets super Stimmung.
Der Königsee gilt als schönster Gebirgsee des Alpenraums
Langeweile kommt in Berchtesgaden nicht auf: Königsee, Hintersee, Jennerbahn, Obersalzbergbahn, Kehlsteinhaus sind eine der Top-Attraktionen. Der Königsee, obwohl stets von Touristen überlaufen, gilt als schönster Gebirgsee des Alpenraums. Wie ein Fjord schlängelt er sich mit seinem glasklaren Wasser durch den einzigen Alpen-Nationapark Deutschlands. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt bis zur berühmten Halbinsel Bartholomäus mit der barocken Wallfahrtskirche und ihren roten Zwiebeltürmen. Hier erlebt man nicht nur das berühmte Echo, sondern auch Steinadler, Hirsche, Murmeltiere und unzählige Pflanzenarten, die sich rund um König Watzmann ungestört entwickeln.
Viel ruhiger und von stiller Schönheit ist der Hintersee bei Ramsau. Das wussten schon viele Maler des 19. Jahrhunderts wie Carl Rottmann, Ferdinand Waldmüller und sogar Wilhelm Busch zu schätzen und hielten die Motive des Sees und der beeindruckenden Bergwelt fest. Die künstlerischen Ergebnisse kann man heute auf Schautafeln an den bevorzugten Malerstandpunkten bewundern. Ausgangspunkt des „Malerwegs“ ist das Dorfzentrum Ramsau. Von hier wandern wir auf dem Fußweg entlang der Ramsauer Ache an der weltberühmten Pfarrkirche Sankt Sebastian vorbei bis wir schließlich in den sagenumwobenen Zauberwald gelangen. Die weitere Wanderung führt entlang des Ufers des Hintersee. Wer sich bei der Wanderung kulinarisch stärken möchte, sollte im Gasthaus „Seeklause“ einkehren. Der gebratene Saibling ist ein Hochgenuss.
Bei gutem Wetter lohnt sich unbedingt eine Fahrt auf den Jenner. Der Blick vom Gipfelkreuz (zirka 20 Minuten zu Fuß, 1874 Meter) auf den Königsee ist überwältigend. Aber bitte nur eine Fahrt buchen! Die Alpenwelt ist so unbeschreiblich schön, dass man den Abstieg wenigstens bis zur Mittelstation zu Fuß unternehmen sollte (knapp 2 Stunden). Auf halber Strecke liegt die romantische Mittkaser Alm (1534 m).
Mit der Obersalzbergbahn geht es rauf auf 1000 Meter Höhe
Wer es gemächlicher angeht, fährt mit der Obersalzbergbahn auf 1000 Meter Höhe. Zirka zehn Minuten von der Bergstation entfernt liegt das Gasthaus „Graflhöhe“. Es hat nicht nur eine herrliche Sonnenterrasse mit Blick auf Berchtesgaden, sondern ist auch berühmt für seine Riesenwindbeutel in allen Variationen. Ein Besucher-Magnet bei Berchtesgaden ist das Kehlsteinhaus, das Adolf Hitler 1938 von Martin Bormann zu seinem 50. Geburtstag geschenkt bekam. Leider ist die Fahrt auf den Berg (jeweils in einer Buskolonne) auch extrem touristisch. Ein prunkvoller, messingverkleideter Fahrstuhl bringt die Besucher in 41 Sekunden ins Innere des Kehlsteinhauses. Der Ausblick von 1834 Meter Höhe und die gute und preisewerte Gastronomie entschädigt für den Touristenrummel.
Bis Ende Oktober werden übrigens in Berchtesgaden noch zahlreiche geführte Wanderungen angeboten, zum Teil auch kostenlos. Eine Übersicht verschaffen Sie sich über www.berchtesgaden.de/gefuehrte-wanderungen. Es ist für jeden etwas dabei.
Jetzt, wo langsam der Herbst anfängt, freuen sich viele in Berchtesgaden schon auf die letzten Wochen des Jahres: wenn am 30. November der Berchtesgadener Advent seine Tore öffnet. Der historische Ortskern bildet eine besonders stimmungsvolle Kulisse für den Berchtesgadener Advent. Mit viel Handwerk, regionalen Produkten und gelebter Tradition hebt sich dieser Adventsmarkt von den vielen anderen positiv ab. Ein Höhepunkt ist das traditionelle Berchtesgadener Adventssingen. Unverfälschte Volksmusik, und die Verknüpfung der biblischen Weihnachtsgeschichte mit regionalem Brauchtum haben einen ganz besonderen Charme.
Weitere Infos: www.berchtesgaden.de
Hoteltipp: Besonders schön wohnt man im Hotel „Edelweiss“, mitten im historischen Stadtkern. Verschiedene Restaurants verwöhnen mit regionaler und internationaler Küche. Ein absoluter Traum ist das Panoramahallenbad und die Dachterrasse im sechsten Stock. Beim Sonnenbaden genießen Sie den Blick auf den Watzmann! Und im Panoramarestaurant können Sie sich mit Blick auf die Bergwelt kulinarisch verwöhnen lassen.
Hotel „Edelweiss“ Berchtesgaden, Maximilianstraße 2, 83471 Berchtesgaden, Tel. (08652) 979 90. www.edelweiss-berchtesgaden.de