รsterreich gehรถrt bekanntlich nicht zu der klassischen Seefahrernation. Trotzdem hat das Seefahrergen Max Weber gepackt. Aus ursprรผnglich drei Probemonaten, zu denen ihn ein ehemaliger Klassenkamerad โรผberredetโ hat, sind bislang drei Jahre geworden. Der 24-jรคhrige Max Weber ist mittlerweile fรผr die Luxus-Kreuzfahrtschiffe von Hapag-Lloyd Cruises als Corporate Head Sommelier fรผr die Weinauswahl zustรคndig. Mit 15 Jahren wollte er die Schule schmeiรen. Was das Lernen betraf, sei er immer ein fauler Hund gewesen, sagt er. Auf der Hotelfachschule hat es ihn dann doch gepackt. Parallel folgte die Ausbildung zum Sommelier. Nach Stationen in diversen Spitzenrestaurants weltweit, ging er an Bord der Europa 2, dem besten Kreuzfahrtschiff der Welt.
1.
Schmeckt Wein auf See anders als an Land?
Eine oft gestellte Frage, ob Wein an Bord anders schmeckt bzw. auch anders reift als an Land. Grundsรคtzlich schรคtze ich nach meiner bisherigen Erfahrung ein, dass derselbe Wein eigentlich gleich wie zuhause schmeckt.
Was sich allerdings natรผrlich รคndert ist die persรถnliche Wahrnehmung. Wenn ich zum Beispiel auf der Europa 2 in der Sansibar an Deck sitze und der Sonne beim Untergehen zusehe, wird mir der dort serviert Rosรฉ natรผrlich um ein Vielfaches besser munden, als wenn ich denselben Tropfen zuhause im verregneten Kรถln auf meiner Couch genieรe.
Es sind ganz eindeutig die Emotionen, die einen Wein unterschiedlich schmecken lassen. Das sich der eigentliche Geschmack des Rebsafts verรคndert, halte ich allerdings fรผr ein Gerรผcht. Wie gesagt, es sind die รคuรeren Einflรผsse: Natรผrlich wird mir der normale Rheingauer Riesling salziger vorkommen oder auch frischer, das liegt aber eben ganz einfach daran das unsere Schiffe auf den Meeren unterwegs sind.
Zur Reife der Flaschen lรคsst sich sagen, dass wir unsere besonderen Tropfen per se schon trinkreif bestellen, das heiรt wenn wir jetzt zum Beispiel Mouton Rothschild oder alte Burgunder kaufen, wurden diese bereits an Land vorgelagert. Klar, das hat auch mit dem begrenzten Platz an Bord zu tun: Wir hรคtten an Bord der Schiffe gar nicht genug Lagerraum, um junge Weine reifen zu lassen.
Und auรerdem, jetzt kommen wir auf den eigentlichen Punkt zurรผck, wenn ich Wein wirklich reifen lassen mรถchte, braucht er Ruhe und konstante Temperaturen sowie keine Bewegung. Das ist auf einem Schiff natรผrlich eine sehr groรe Herausforderung.
Deswegen ordern wir unsere Weine so, dass sie sich bereits in einer idealen Genussphase befinden.
2.
Nach welchen Kriterien werden die Weine fรผr die Reisen ausgesucht oder wechselt das Angebot pro Reise?
Die Weine unserer Karte sind auf die Wรผnsche und auf das Trinkverhalten unserer Gรคste angepasst. Das bedeutet auch, dass wir auf jedem Schiff unterschiedliche Weinkarten im Umlauf haben. Eine gewisse Basis ist allerdings auf allen Schiffen gleich. Aber da sich von Schiff zu Schiff auch das Klientel unterscheiden kann, bieten wir auch separierte Karten an.
Der Fokus auf der Europa liegt etwas mehr auf Italien und Frankreich und auf den Expeditionsschiffen haben wir viele Weine aus รsterreich und Deutschland im Angebot. Auf der Europa 2 bieten wir mehr Champagner und Naturwein an. Die Entscheidung welcher Wein an Bord kommt, ist ein lรคngerer Prozess und kann sich รผber mehrere Monate strecken.
Wichtig sind dabei ganz einfach zunรคchst Geschmack und Qualitรคt, Interesse der Gรคste, Verfรผgbarkeit, der weltweit mรถgliche Versand und noch ein paar weitere Kriterien. Spontan einen neuen Wein ins Angebot aufnehmen, ist aufgrund der Logistik nicht ganz so einfach mรถglich.
Allerdings kaufen wir auch lokal ein. Wenn wir mit unseren Schiffen zum Beispiel an den Kรผsten Italiens unterwegs sind, schauen wir immer, dass wir Produkte von vor Ort mit auf die Karte nehmen. Dabei liegt der Fokus auf Weinen, die wir normalerweise nicht an Bord haben. So bereiten wir auch unseren Gรคsten eine spannende Abwechslung.
Also ja, die Weinkarte wechselt mit Sicherheit pro Reise und es kommen permanent Ergรคnzungen dazu.
3.
Wie schafft man es, damit immer ausreichend Flaschen Wein an Bord verfรผgbar sind? Und wie viele Flaschen sind immer vorrรคtig?
Die ausreichende Anzahl an Flaschen an Bord zu haben, ist immer wieder eine mathematische Herausforderung. Logistik fรผr Kreuzfahrtschiffe ist nicht ganz so trivial. Wir erhalten unsere Weinbestellungen per Container in Hรคfen auf der ganzen Welt. Dementsprechend mรผssen wir schon sechs bis 12 Wochen im Voraus ordern. Da zu entscheiden, wann man wie viel wovon an Bord braucht, ist eine gewisse Herausforderung. Das lรคsst sich aber anhand von Kalkulationen, Buchungszahlen und Erfahrung ganz gut vorausplanen.
Die Schiffe der Hapag-Lloyd-Cruises-Flotte haben eine unterschiedliche Grรถรe. Dementsprechend kรถnnen wir unterschiedlich viele Flaschen an Bord lagern. Aber grob lรคsst sich sagen: Wenn wir auf der Europa 2 die Provision (also den โWeinkellerโ) komplett bestรผcken, liegen dort um die 30.000 Flaschen Wein und Champagner. Ein volles Lager an Bord der Europa bedeutet, dass dort dann auch immer noch knapp 20.000 Bouteillen liegen.
4.
Was sind die โgrรถรten Schรคtzeโ an Bord?
Die grรถรten Schรคtze lassen sich recht einfach anhand von Zahlen festmachen. Das sind Flaschen von der Domaine de la Romanรฉe Conti, Riesling G-Max vom Weingut Keller oder Unico von Vega Sicilia. Als Sommelier freut man sich selbstverstรคndlich, solche Weine anbieten zu kรถnnen. Es ehrt mich allerdings mindestens ebenso, Weine von Winzern zu bekommen, die zwar ebenso rar sind, aber oftmals nur einen Bruchteil des Preises obig genannter kosten. Das sind Tropfen, die von den Winzern nur an ausgewรคhlte Kunden zugeteilt werden. Und Hapag-Lloyd Cruises gehรถrt zum Glรผck dazu, so dass die Gรคste sich รผber ein paar Flaschen freuen kรถnnen. Hier sprechen wir z.B. von Weinen wie Rully 1er Cru von Domaine de Villaine. Von diesen gibt es fรผr ganz Deutschland nur 36 Flaschen jรคhrlich. Oder vom Riesling Steinacker vom neuen VDP Weingut Knewitz aus Rheinhessen, von dem nur wenige tausend Liter jeden Herbst gelesen werden. Im Angebot kรถnnen wir dann auch reife Wachauer Veltliner von Topwinzern wie F.X. Pichler haben, die sich dann den Platz in der Weinkarte mit genialen Supertoskanern wie von Giorgio Primo – La Massa teilen.
Eigentlich sind es โzu vieleโ Schรคtze, man mรถchte gar nicht den einen benennen.
5.
Wie wird man eigentlich Sommelier an Bord eines Kreuzfahrtschiffs? Was ist das Spannendste an Ihrem Beruf?
Eine gute Frage, die sich in meinem Falle recht einfach beantworten lรคsst. Ein Kollege, der bereits seit Jahren zu See fรคhrt, hatte mich nach einer gefรผhlten Ewigkeit endlich dazu รผberreden kรถnnen, die Schifffahrt auszuprobieren. Aus den anfรคnglich geplanten drei Monaten wurden inzwischen fast drei Jahre. Irgendwann verliert man einfach sein Herz an das Leben an Bord und man mรถchte die Kombination aus Reisen, Welt entdecken und Arbeiten nicht mehr missen.
Das ich nun per se nicht mehr fix auf unseren Schiffen unterwegs bin, sondern landseitig arbeiten darf, tut dem ganzen keinen Abbruch. Mit der รbernahme der Position des Corporate Head Sommeliers wurden mir ganz neue Einblicke in meinen Beruf gewรคhrt. Gerade in Bereichen wie der internationalen Logistik, dem Einkauf, der langen Vorausplanung sowie Subskription, konnte ich in neue Sphรคren eintauchen, die ein โnormalerโ Sommelier an Land nie machen wรผrde. Das ist fรผr mich somit das wahrscheinlich spannendste an meinem Beruf.
Das Schรถnste ist und wird auch immer bleiben: Das gemeinsame genieรen von auรergewรถhnlichen Weinen mit Gรคsten, Freunden oder Winzern.