Er habe seine Tรคtigkeit nie als Arbeit gesehen, sagt Ury Steinweg. Aus der Leidenschaft fรผr andere Menschen und Kulturen grรผndete er 1978 den Studienreiseveranstalter Gebeco (Gesellschaft fรผr internationale Begegnung und Cooperation). Heute noch ist er dessen Geschรคftsfรผhrer. Es mache ihm immer Freude, Reisen zu organisieren und mit Menschen umzugehen und er sei neugierig auf Kulturen. Es sind die persรถnlichen Kontakte und Begegnungen mit anderen Menschen, die zu einem gegenseitigen Verstรคndnis fรผhren. Reisen kรถnnen Brรผcken schlagen, ist sich der Gebeco-Chef sicher. Jedem Reisenden gibt er den Ratschlag, sich Zeit zu nehmen, andere Menschen zu respektieren: Der Austausch sei wichtig. Gebeco steht seit der Grรผndung fรผr Vรถlkerverstรคndigung und verantwortungsbewusstes Handeln.
In unserem Interview erklรคrt Ury Steinweg den Erfolg von Gebeco.
1.
Wie hat Ihre persรถnliche Leidenschaft fรผr das Reisen zur Grรผndung von Gebeco beigetragen und wie spiegelt sich das in den Angeboten Ihres Unternehmens wider?
Die Neugier auf andere Kulturen und das Verstรคndnis dafรผr, wie das friedliche Zusammenleben der Menschen funktioniert, haben mich dazu motiviert zu reisen. Damals herrschte noch der Kalte Krieg und die Welt war in den Ost- und Westblock gespalten. Zudem war mir bewusst, dass die Ressourcen auf der Welt begrenzt sind und ein „Weiter so“ nicht nachhaltig ist. Die Verรถffentlichungen des „Club of Rome“ verdeutlichten dies.
Die รberwindung des Ost-West-Konflikts und der atomaren Aufrรผstung war das dringendste Problem. Von Anfang an hatte Gebeco den Anspruch, Brรผcken zwischen den Vรถlkern zu schlagen. Das Reisen mit persรถnlichen Begegnungen und dem Austausch zwischen den Menschen wurde zu einem wichtigen Bestandteil unserer Reisen.
2.
Welche Aspekte des Reisens haben Ihrer Meinung nach den grรถรten Einfluss auf das persรถnliche Wachstum und die Perspektivenerweiterung Ihrer Gรคste? Wie versucht Gebeco, diese Elemente in ihre Reisen zu integrieren?
Die persรถnliche Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturen erweitert den eigenen Horizont erheblich. Durch persรถnliche Kontakte und das Wissen รผber den Anderen entstehen Bindungen und Verstรคndnis, was wiederum die Toleranz und Verbindung fรถrdert. Ein Land, das man besucht hat und in dem man Menschen kennt, gewinnt an Bedeutung und man verfolgt dieses beispielsweise auch aktiver in den Nachrichten. Lรคnder, รผber die man wenig weiร und zu denen man keinen Kontakt hat, bleiben oft eher gleichgรผltig.
Wรคhrend des Reisens spielt die Reiseleitung eine รคuรerst wichtige Rolle in der Gruppe. Sie knรผpft Kontakte zur einheimischen Bevรถlkerung und vermittelt Hintergrundinformationen, ohne dabei zu moralisieren. Gebeco sucht fรผr ihre Reisen qualifizierte Reiseleiter*innen, die regelmรครig geschult werden. Diese รผbernehmen neben organisatorischen und gruppendynamischen Aufgaben vor allem die Funktion eines Vermittlers. Dennoch darf ein Aspekt des Reisens nicht vernachlรคssigt werden: gemeinsam Spaร in der Gruppe zu haben. Daher sollte die Gruppe gemeinsame Ziele und ein gemeinsames Verstรคndnis haben. Das Stillen der Neugierde auf fremde Kulturen und gleichzeitig gemeinsam Spaร zu haben, sind die wichtigsten Aspekte unserer Art des Reisens.
3.
Wie hat sich Ihre Sicht auf das Reisen im Laufe der Jahre, in denen Sie Gebeco geleitet haben, verรคndert? Gibt es bestimmte Erfahrungen oder Lektionen, die besonders prรคgend fรผr Sie waren?
Die grรถรte Verรคnderung ereignete sich durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und durch das Ende des Kalten Krieges. Es war eine der einschneidendsten Erfahrungen, die ich gemacht habe. Gleichzeitig รถffnete sich China und Gebeco betrat den chinesischen Tourismusmarkt. Gebeco entwickelte sich zum grรถรten Chinaveranstalter Europas und etablierte die erste offizielle Chinareprรคsentanz. Auch hier zeigte sich die bedeutende Rolle des Tourismus als verbindendes Element zwischen den Vรถlkern und die besondere Art des Reisens, wie sie Gebeco anbietet.
Neben den Aspekten der kulturellen Brรผckenbildung und der Wertschรถpfung in den Zielgebieten gewinnen auch รถkologische Gesichtspunkte zunehmend an Bedeutung. Bereits 2011 fรผhrte dies zur Nachhaltigkeitszertifizierung von Gebeco durch TourCert.
Persรถnlich enttรคuscht bin ich immer wieder von den verschiedenen Rรผckschlรคgen im Demokratisierungsprozess, wie beispielsweise das Tian’anmen-Massaker in China im Jahr 1989, der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine oder antidemokratische Bewegungen sowohl in Deutschland als auch in der EU. Dennoch werden Gebeco und ich immer wieder versuchen, Brรผcken auch zu Lรคndern zu bauen, deren politisches System wir nicht unterstรผtzen.
Video:
Die Gebeco Erlebnisreisen in 30 Sekunden
4.
Wie stellen Sie sicher, dass die Reisen, die Gebeco anbietet, sowohl fรผr die Reisenden als auch fรผr die lokalen Gemeinschaften, die besucht werden, vorteilhaft sind? Welche Rolle spielt nachhaltiger Tourismus in Ihrer Unternehmensphilosophie?
Die Nachhaltigkeit ist ein grundlegender Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie und war von Anfang an auch im Namen verankert. Gebeco steht fรผr „Gesellschaft fรผr internationale Begegnung und Cooperation“. Die Nachhaltigkeit von Gebeco ist durch TourCert zertifiziert. Wir messen die Nachhaltigkeit in vielen Bereichen und deren Entwicklung anhand von Kennzahlen, die dann mit definierten Zielen verglichen werden. Darรผber hinaus fรถrdert Gebeco verschiedene Projekte, wie zum Beispiel die Unterstรผtzung einer Khwe Gemeinde in Namibia. Auf diese Weise mรถchten wir unseren Gastlรคndern auch etwas zurรผckgeben.
5.
Welchen Rat wรผrden Sie jemandem geben, der versucht, aus seinen Reisen das Beste herauszuholen, sowohl in Bezug auf die persรถnliche Bereicherung als auch auf einen positiven Einfluss auf die Orte, die besucht werden?
Mein Ratschlag lautet: Nimm dir Zeit, um mit den Menschen in Kontakt zu treten und sie zu verstehen. Respektiere ihr Recht, ihr Leben entsprechend ihrer eigenen Werte zu leben, und versuche nicht, ihnen deine Vorstellungen aufzudrรคngen. Der Austausch von Informationen sollte stattfinden, aber Belehrung sollte vermieden werden.